Von Michael Springer
Die Berliner Residenz Konzerte in der Großen Orangerie des Schloss Charlottenburg sind in Gefahr. Sie hatten die schwere Zeit der Corona-Pandemie überstanden und auch die seit 2021 andauernden Sanierungsarbeiten am Schloss. Doch Bauverzögerungen im Frühjahr 2022 erwangen eine fünfmonatige Zwangspause. Es entstanden damit Umsatzverluste in sechsstelliger Höhe. Den Berliner Residenz Konzerten und ihrem musikalischen Ensemble droht nun das Aus.
Populäre Wiederbelebung eines großen musikalischen Erbes
Seit 2006 brachten die Berliner Residenz Konzerte das kulturelle Erbe der Barockmusik einem breiten internationalen Publikum nahe. Zu bislang rund 2.750 Konzerten begrüßte der „königliche Hofzeremonienmeister“ insgesamt mehr als 380.000 Gäste aus aller Welt in der Großen Orangerie des Schloss Charlottenburg.
Im ausgehenden 17. Jahrhundert pflegte dessen einstige Hausherrin, die hochmusikalische Kurfürstin und spätere erste preußische Königin Sophie Charlotte, hier an ihrem „Musenhof.“ Sie lud namhafte Komponisten und Virtuosen die Barockoper und Barockmusik in das Schloss ein. Unter ihrer Patronage kam die einflussreiche abendländischen Kunstmusik in Preußen erstmals zu wahrer Blüte und trug fortan zur Entwicklung einer reichen musikalischen Tradition in Deutschland bei.
Populär, eigenständig und ohne staatliche Kulturförderung
Mit seinen Konzert-Programmen knüpft das Berliner Residenz Ensemble an dieses kulturelle Erbe an und belebte den Kulturort. Für die neuzeitliche Wiederbelebung des höfischen Musiklebens mit den facettenreichen Kompositionen des Generalbasszeitalters fließen keine Kulturfördermittel. Finanziell tragen lassen sich die populären Dinner-Konzerte nur durch die Firmenevents namhafter Unternehmen, die in der Großen Orangerie inmitten der opulenten Gärten des prunkvollen Hohenzollernschlosses den verlässlichen glanzvollen Rahmen für ihre hochkarätigen Veranstaltungen finden. Damit war es aber im Zuge der Sanierungsmaßnahmen am Schloss Charlottenburg vorbei.
Fünfmonatige Zwangspause verursacht sechsstelligen Schaden
Inzwischen ist eine äußerst unglückliche Lage entstanden: „Die der Orangerie Berlin GmbH durch die Bauverzögerungen entstandenen Verluste summieren sich auf rund 300.000 Euro“, sagte Thomas Gross als Veranstalter und Geschäftsführer der Orangerie Berlin GmbH.
„Wir haben die notwendigen Sanierungsarbeiten stets unterstützt und uns auf die damit einhergehenden Gewinnausfälle eingestellt“, ergänzte Thomas Gross. Doch die unerwaarteten Bauverzögerungen sorgten für eine weiteren fünfmonatigen Zwangspause. „Das konnten wir finanziell nicht mehr stemmen. Entsprechende Schadensersatzansprüche haben wir umgehend an die Vermieterin adressiert. Die der Orangerie Berlin GmbH durch die Bauverzögerungen entstandenen Verluste summieren sich auf rund 300.000 Euro“, so der Veranstalter.
Veranstalter sieht Frist für eine einvernehmliche Lösung schwinden
„Einen verbindlichen Lösungsvorschlag dazu hat uns die Vermieterin, die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, bis heute nicht unterbreitet. Sämtliche Bemühungen unsererseits um eine einvernehmliche Schadensregulierung liefen ins Leere“, sagt Gross. Ein weiteres Gespräch mit der Vermieterin am 1. August 2023 ergab erneut keine Lösung. Sollte der Orangerie Berlin GmbH bis einschließlich 21. August kein positiver Entscheid zum zuletzt durch sie vorgelegten Vergleichsangebot vorliegen, wäre sie gezwungen, Insolvenzantrag zu stellen.
In einem Brandbrief an Generaldirektion und Stiftungsrat hat der private Veranstalter die kritische Lage gegenüber der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) deutlich gemacht.
Neustart in der Kulturlandschaft Berlin-Brandenburg planen!
Der Konflikt zwischen einem privaten Kulturveranstalter und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ist eine weitere Belastung, die durch „dritte Umstände“ verursacht wurde. Wie schon beim Konflikt um Kosten für Sicherheitsmaßnahmen beim „Weihnachtsmarkt am Schloss Charlottenburg“, sind die Bauverzögerungen durch „dritte Ursachen“ bewirkt worden — für die jedoch der Auftraggeber SPSG mitverantwortlich ist.
Für Berlin und für Brandenburg steht hier viel auf dem Spiel, denn der kulturelle Schaden ist unabsehbar. Es prallen hier zwei Welten aufeinander: privater Veranstalter und eine öffentlich-rechtliche Stiftung. Aber auch zwei verschiedene Bundesländer, mit zwei unterschiedlich konstituierten Tourismus-Organisationen.
Ein Neustart in der Kulturlandschaft Berlin-Brandenburg sollte konstruktiv und vertrauensvoll neu geplant und gedacht werden!
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